Dieses Projekt wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und präsentiert von der Sächsischen Landesbibliothek — Staats- und Universitätsbibliothek Dresden und der Humboldt-Universität zu Berlin.
![]() Ueber die Ausscheidung von Kohlenstoff, Silicium, Schwefel und Phosphor im Frischfeuer, im Puddelofen und in der Bessemerbirne; von J. L. Bell.(Fortsetzung von S. 357 Bd. 225.)In der im März 1877 abgehaltenen Versammlung des Iron and Steel Institute wurde das Verhalten der dem Roheisen beigemengten Metalloide während des Reinigungsproceſses, welchem es behufs Umwandlung in Schmiedeisen oder |185| Wie schon früher erwähnt, findet beim Puddelproceſs eine fast vollständige Austreibung von Kohlenstoff, Silicium und Schwefel aus dem Roheisen statt, während dies mit dem Phosphor nicht der Fall ist. Dieses Verhalten findet eben seine Erklärung darin, daſs zum Schlusse des Puddelproceſses die Temperatur eine solche Höhe erreicht, wobei nicht nur kein Phosphor mehr entfernt wird, sondern in vielen Fällen sogar eine Wiederaufnahme desselben aus der Schlacke stattfindet. Ferner sind die mit diesem Proceſse nothwendig verknüpften Unregelmäſsigkeiten, namentlich bei hohem Phosphorgehalt, eine Quelle steter Unzuträglichkeiten. Ein sehr ergiebiges Feld zur Untersuchung des Einflusses, welchen der Phosphor auf das Eisen ausübt, bietet uns die Verwendung des letzteren in der Form von Eisenbahnschienen. Es ist bekannt, daſs die zu früheren Zeiten hergestellten Schienen durchweg viel länger hielten, als dies mit unseren jüngsten Fabrikaten der Fall ist. Der Grund hiervon liegt wohl zum gröſsten Theil darin, daſs heute die Inanspruchnahme der Schienen eine viel gröſsere ist als ehedem. Ebenso weiſs man, daſs Schienen, welche ganz in derselben Weise hergestellt worden sind, doch bei der Untersuchung auf Widerstandsfähigkeit ganz bedeutende Unterschiede in der Qualität zeigen. Hiervon sind sogar die Stahl schienen nicht ausgenommen. Dies sowohl, als die Unanwendbarkeit des Cleveland-Eisens zur Herstellung von Bessemermetall veranlaſste die North-Eastern Eisenbahngesellschaft zu untersuchen, ob nicht eine Schiene aus Eisen herzustellen sei, welche sich nicht abblättert und so hart ist, daſs sie nur unmerklichen Verschleiſs erleidet. Seitdem die Versuche in dieser Richtung begonnen worden sind, hat sich der Preisunterschied zwischen den Stahl- und den Eisenschienen nach und nach vermindert. Man kauft heute Stahlschienen, welche nur 10 M. für 1t theuerer sind als eiserne. Bei einem so geringen Preisunterschiede war es natürlich, daſs man die eingeschlagene Bahn nicht weiter verfolgte. Es soll nun nachgewiesen werden, worin, soweit es die Fabrikationsmethode betrifft, dieser Umschlag begründet war. |186|![]() Die North-Eastern Eisenbahngesellschaft verwendet doppelköpfige Schienen, 133mm hoch, im Gewicht von 40k auf 1m. Die Schienen müssen bei einem Freilager von 914mm einem Fallgewicht von 305k unterworfen werden. Die Zusammensetzung der Eisenschienen, welche in Nord-England auf gewöhnliche Weise aus Packeten von Cleveland-Eisen hergestellt werden, wird durch die folgenden Analysen veranschaulicht:
An den mit C und D bezeichneten Schienen wurden folgende Versuche mit Fallgewichten von 544k,3 angestellt:
Mit dem Gewicht von 305k wurden bei einem Freilager von 914mm folgende Resultate erreicht:
Der gewöhnliche Fehler obiger Schienen war der, daſs der Kopf rasch zersplitterte, oder an den Schweiſsstellen riſs; dies geschah häufig schon nach 2 Monaten Gebrauch, während man im Allgemeinen als durchschnittliche Dauer für solche Schienen 7 bis 8 Jahre annahm. Vor einigen Jahren wurden die Directoren der North-Eastern Eisenbahngesellschaft von dem Ingenieur T. E. Harrison auf die Thatsache aufmerksam gemacht, daſs diejenigen Schienen, welche nach dem System Dodd gehärtet worden waren, eine viel längere Dauer hatten als die übrigen. Nach 12 bis 16jährigem Betrieb waren erst 40 Proc. dieser Schienen ausgewechselt worden. Der Proceſs Dodd besteht darin, daſs die Schienen, mit Holzkohle und Soda gemischt, in einer geschlossenen Retorte 60 bis 75 Stunden lang der Rothglühhitze ausgesetzt werden. Hierdurch verwandelt sich die Oberfläche der Schienen bis zu einer gewissen Dicke in Stahl, ohne daſs in der sonstigen Zusammensetzung des Materials eine wesentliche Veränderung vor sich geht. Von verschiedenen dieser Schienen wurden Bruchtheile der Oberfläche analysirt und ergaben folgende procentische Resultate:
Bei einer der seit 15 Jahren in Betrieb befindlichen Schienen betrug der durchschnittliche Gewichtsverlust für 1m etwa 2k. Die nach Dodd behandelten Schienen hatten indessen häufig den Fehler zu groſser Sprödigkeit; aus diesem Grunde kam man im Laufe der Zeit von dem Verfahren wieder ab. Auf Grund der gemachten Erfahrung unternahm man Versuche, Schienen |187|
Hopkins, Gilkes und Comp. haben für die North-Eastern Eisenbahngesellschaft 2000 bis 3000t Schienen geliefert. Viele derselben bestanden aus einer einzigen Luppe und wurden auf folgende Art angefertigt: Die Luppe, welche ungefähr 508k wog, wurde unter einer Winslow-Quetsche in Cylinder von 457mm Durchmesser und 762mm Länge verwandelt, worauf sie unter einem Dampfhammer zunächst zu einer runden Scheibe geschlagen wurde. Hierauf wurde dieselbe, etwa 254mm im Durchmesser haltend, ohne weiteres Erhitzen gestreckt, dann vorgewärmt in einer Vorwalze gestreckt, wieder erhitzt und zuletzt zur Schiene ausgewalzt. Die so hergestellten Schienen hatten gewöhnlich einen fein krystallinischen Bruch, konnten, ohne zu brechen, im rechten Winkel gebogen werden und hatten eine gröſsere Widerstandsfähigkeit, als die auf gewöhnliche Weise gepuddelten und packetirten Schienen. Einige derselben hielten den Schlag eines Gewichtes von 305k bei 4m,88 Fallhöhe aus. Die Durchbiegung betrug dabei 52 bis 59mm. Analysen von 8 solcher Schienen ergaben folgende Resultate:
Man hätte erwarten sollen, daſs Schienen von solcher Stärke und von so homogenem und krystallinischem Bruch auch in Bezug auf Dauerhaftigkeit gute Resultate ergeben hätten. Es war indeſsen grade das Gegentheil hiervon der Fall. In einer starken Curve der North-Eastern Eisenbahn, wo gewöhnliche Eisenschienen immer mindestens 12 Monate liegen konnten, ohne ausgewechselt zu werden, zeigten diese Schienen schon nach 3 Monaten bedeutende Spuren der Abnutzung. Das Eisen war so weich, daſs es an der Auſsenseite der inneren Curvenschiene herausgequetscht wurde. Von den Schienen, welche auf der besagten Strecke ausgeworfen wurden, sind folgende Analysen gemacht worden:
Nimmt man auch an, daſs das in einem rotirenden Puddelofen erzeugte Product wegen seiner groſsen Reinheit zur Herstellung von Eisenbahnschienen nicht geeignet ist, so muſs man aus demselben Grunde zugeben, daſs dieser Apparat sich zur Stabeisenfabrikation für gewöhnliche Zwecke ganz besonders eignet. Die absolute Festigkeit des so hergestellten Eisens ist derjenigen der besten bekannten Marken ebenbürtig. Durch Kirkaldy sind uns folgende Versuche bekannt geworden: |188|![]()
Da die im Danks-Ofen gepuddelten Eisenschienen so wenig dauerhaft waren, so versuchte man, um diesem Uebelstand abzuhelfen, dieselben zu härten. Der Grad, bis zu welchem die Oberfläche der Schiene durch diese Operation gekohlt wurde, ist aus folgenden Analysen zu ersehen. Der Schienenkopf wurde 3mal hinter einander um je 1mm,6 abgehobelt und jede dieser Portion für sich auf Kohlenstoff untersucht:
Diese Zahlen ergeben, daſs die benutzte Schienen Oberfläche etwa das doppelte an Kohlenstoff enthielt von derjenigen der Bessemer-Stahlschienen. Es war also zu erwarten, daſs sie letztere an Dauerhaftigkeit übertreffen würden. Vier Schienen hielten 6 Schläge des Fallgewichtes aus einer Höhe von 4m,88 aus, ohne zu brechen, und zeigten dabei eine Durchbiegung von 22mm; nur eine Schiene gab etwas nach. Folgende Versuche wurden mit dem Fallgewicht von 305k bei 914mm Freilager angestellt:
Nach der Verschiedenheit obiger Resultate sollte man auf eine groſse Unregelmäſsigkeit in der Stärke der einzelnen Schienen schlieſsen; doch noch auffallender ist der auſserordentlich groſse Unterschied in dem Verhalten der einzelnen Stücke ein und derselben Schiene. Beispielsweise brach eine Schiene nach einem Schlag von 305mm Fallhöhe, eine andere nach einem solchen von 610mm; eine Hälfte der ersteren Schiene hielt dagegen 8 Schläge aus einer Höhe von 1m,83 aus, bevor sie brach. In der Hoffnung, die benutzte Oberfläche der Schienen zu härten, wurde alsdann eine Reihe von Versuchen angestellt, welche darin bestanden, einen möglichst hohen Phosphorgehalt in dem Eisen zurückzuhalten. Um dies zu erreichen, blies man geschmolzenes Clarence-Eisen ungefähr 10 Minuten lang in einer Bessemerbirne und brachte es darauf, zur vollständigen Umwandlung |189|
In dem gepuddelten Eisen ist wahrscheinlich ein Theil des Phosphorgehaltes der ihm anhaftenden Schlacke zuzuschreiben. Die folgende Tabelle gibt Analysen einiger Eisenbahnschienen, welche bei der Herstellung einige Minuten lang in der Bessemerbirne behandelt worden waren:
Einige auf den Tudhoe-Eisenwerken auf obige Art hergestellte Schienen ergaben bei 914mm Freilager unter einem Fallgewicht von 305k nachstehende Resultate; sämmtliche Schienen waren 5 Minuten geblasen worden: Die erste brach bei einem Schlag von 1m,219 Höhe, die zweite riſs beim 5. Schlag ansteigend bis 3m,048 Höhe, die dritte brach bei einem Schlag aus 1m,219 und die vierte riſs beim 5. Schlag ansteigend bis zu 2m,438 Höhe. Um jede Gefahr zu vermeiden, welche aus so brüchigem Eisen erwachsen konnte, stellte man Schienen her mit sehr phosphorhaltigem Kopf, deren Fuſs und Steg im Danks-Ofen gepuddelt worden waren. Diese Schienen hielten indeſsen in starken Curven auch nicht länger als 5 Monate. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daſs die aus Cleveland-Eisen im Danks-Ofen gepuddelten Schienen für den Eisenbahnbetrieb wegen ihrer Reinheit zu weich sind; mit gehärtetem Kopf dagegen geben sie bedeutend bessere Resultate. Auch die in der Bessemerbirne behandelten Schienen werden durch das Härten an Qualität gewinnen. Auf den Eisenwerken zu Terre-Noire hat man gefunden, daſs Stahlschienen eine viel gröſsere Menge Phosphor enthalten können, als man früher annahm, ohne daſs ihre Schmiedbarkeit ab-, oder ihre Brüchigkeit zunähme. Es ist hierbei nur nothwendig, daſs der Gehalt an Kohlenstoff unter demjenigen bleibt, welchen Stahlschienen in der Regel besitzen. Entsprechend dieser Erfahrung verfertigte die Weardale Eisengesellschaft Schienen aus 90 Proc. Cleveland und 10 Proc. ihres eigenen Eisens; letzteres hat nur einen geringen Phosphorgehalt. Das Cleveland-Eisen wurde gepuddelt, gehämmert und dann mit dem reineren Eisen im Siemens-Ofen geschmolzen; zu der Mischung wurde dann die gewöhnliche Menge Spiegeleisen hinzugefügt. Was den Kostenpunkt anbelangt, so konnte dieser Proceſs nicht mit dem durch Bessemern oder im offenen Herd aus Hämatiteisen hergestellten Schienen concurriren. Nichts desto weniger bestellte die North-Eastern Gesellschaft 45t der auf diese Weise hergestellten Schienen, um Versuche mit denselben anzustellen. Diese Schienen enthielten in Proc.:
Zwei dieser Schienen brachen bei 914mm Freilager unter einem Fallgewicht von 305k beim 4. Schlag aus einer Höhe von 1m,219; eine andere brach beim 6. Schlag ansteigend bis zu einer Höhe von 1m,829. Stahlschienen, welche auf die oben beschriebene Weise hauptsächlich aus Cleveland-Eisen hergestellt worden waren, sind seit August 1876 auf einer Grubenbahn im Betrieb. Seit dieser Zeit haben 14 Schienen ausgewechselt werden müssen; an 10 derselben war der Kopf gerissen, während die 4 anderen ganz durchgebrochen waren. |190| |
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