Dieses Projekt wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und präsentiert von der Sächsischen Landesbibliothek — Staats- und Universitätsbibliothek Dresden und der Humboldt-Universität zu Berlin.
Text-Bild-Ansicht Band 311
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Stab wurde für den eben eingetragenen Schuss benutzt oder gelangt soeben zur Benutzung beim nächsten Fach, das andere Stäbchen b diente zur Bildung des anderen Caches. Doch mit den zwei Stäbchen allein ist die Bildung der zwei Leinwandfächer nicht möglich. Es deuten die geneigten Striche am Stabe a einen Faden oder eine Schnur an, welche ganz bestimmte Kettenfäden mit diesem Stabe verbindet. Diese Verbindung konnte aber nur so oder höchst ähnlich durchgeführt werden, wie in Fig. 41 dargestellt ist. ![]() Mit jedem Querstäbchen, die auf der Kette im Ruhestände liegen, ist eine Schnur oder ein Faden (je nach Feinheit der Kette und Dichte) verbunden. Dieser Faden umschlingt (wie eine halbe Litze) bestimmte Kettenfäden, und zwar z.B. der Stab a die ungeraden und der Stab b die geraden Kettenfäden. Zieht man den einen Stab in die Höhe (oder zu sich bei vertikaler Anordnung), so erhält man das eine Leinwandfach, zieht man das andere Stäbchen an, so erhält man das zweite Leinwandfach. Durch diese Vorrichtung21) kann ein Prinzip aufgestellt werden, welches für die Erzeugung der Gewebe in der Sammlung Anwendung findet: Allgemein braucht man daher für jeden Schuss des Schussrapportes einen Stab oder Schaft22). Indem die Leinwandbindung zwei Schuss im Rapporte hat, die sich immer wiederholen, sind auch hierfür zwei Stäbe oder Schäfte nötig. Gewebe daher, die mehrere Schuss im Schussrapporte erhalten, bekommen auch mehrere Schäfte, auf die die Kettenfäden nach einer ganz bestimmten Ordnung gereiht werden. Wenn daher ein und derselbe Kettenfaden im Schussrapport mehrmal über dem Schussfaden liegen soll, so muss dieser Kettenfaden in mehrere Schäfte oder Stäbe gereiht werden. Die eben beschriebene Fachvorrichtung gestattet dieselbe Verwendung, ob nun der Webstuhl horizontal (im alten und mittleren Reiche) oder aufrecht stehend, wie auf den Darstellungen des neuen Reiches, gefunden werden kann. Ein Bild des neuen Reiches, in Fig. 42 vereinfacht gegeben, zeigt einen aufrecht stehenden Webstuhl mit einem Rahmen. Er stammt aus jener Zeit, wo die Juden in Aegypten noch Frondienste leisten mussten. Auch dieses Originalgemälde ist nicht klar genug, teilweise beschädigt, daher diese Beschreibungen in verschiedenen Quellen divergierend. Herodotus berichtet mit Verwunderung, dass die Aegypter von
Der Webrahmen ist in einem Sockel aus Nilschlammziegeln eingesteckt und ist auf diese Weise übertragbar gemacht. Der obere Baum K (der Kettenbaum) hängt in Oesen, die jedoch eine Art elastische Bremsung andeuten sollen. Der untere Baum W (der Warenbaum) dürfte jedoch nicht fest sein, sondern eine Art Anstreckzeug besitzen, denn sonst müsste der Weber mit dem wachsenden Gewebestreifen aus der sitzenden in eine knieende, dann eine gebeugte und schliesslich in aufrechtstehende Stellung kommen. ![]() Der oberste Querstab x dient einfach als eine Kreuzschiene, a und a' sind die ägyptischen Zu dieser Annahme wurde ich durch die Thatsache
21) In einem Berichte vom Jahre 1888 an das k. k. österr. Unterrichtsministerium konnte ich das Kopieren der Textilfunde aus den Pfahlbauten der Schweizer Seen mit einer sehr ähnlichen Vorrichtung erklären und desgleichen in meinem Berichte über die Pariser Ausstellung 1889 in der Abteilung
22) In der modernen Weberei kommen dagegen diejenigen Kettenfäden auf einen Schaft, die im Bindungsrapporte gleich ausheben. Ihre Anzahl ist daher von der Anzahl der verschieden aushebenden Fäden im Bindungsrapport abhängig.
23)
The Manners and Customs of the Ancient Egyptians. London 1878. |
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